Kein Anschluss unter dieser Nummer

Unter der Bezeichnung „Route 57“ gibt es kein offizielles Straßenplanungsprojekt. „Route 57“ ist ein Marketingbegriff, der zuerst als Eigentum des Unternehmers Christian Kocherscheidt (Ejot) eingetragen wurde. Seit der Gründung des gleichnamigen Vereins wird die Marke „Route 57“ mit hohen Marketinginvestitionen massiv vorangetrieben. In der lokalen Presse hat sich diese Strategie bereits ausgezahlt: der Begriff wird zumeist so verwendet, als gäbe es auch von offizieller Seite ein Projekt dieses Namens. Auch die Straßenbaubehörde Landesbetrieb Straßen NRW orientiert sich mittlerweile schon stark am Marketingbegriff der Lobbyisten und hat eine Homepage mit dem Titel „57-verbinden“ erstellt.

 

Marketing made in Wittgenstein

Fast wie aus einem Marketing-Lehrbuch: besser kann man die Wirkung eines Werbe-Instruments, hinter dem mächtige Wirtschaftsakteure mit enormen finanziellen Mitteln stehen, nicht darstellen.

Was sich also als „Route 57“ einprägen soll, trägt eigentlich den offiziellen Titel „B 508n/ B 62n“ und bezeichnet den Neubau der beiden Bundesstraßen B 508 und B 62. Die B 508 verläuft auf einer Länge von 17,1 km zwischen Kreuztal und der Kronprinzeneiche nahe Hilchenbach-Lützel, die B 62 erstreckt sich von Roth in Rheinland-Pfalz durch das Rothaargebirge in NRW und Hessen bis nach Barchfeld in Thüringen. Seit der Abstufung bzw. Umbenennung der B 280 hat die B 62 ein weiteres Teilstück von Benshausen durch Zella-Mehlis bis zur Bundesautobahn 71. So gerechnet beträgt die Gesamt-Streckenlänge der B 62 mehr als 300 km.

 

„B 508n/ B 62n“ zu sperrig, um es den Menschen schmackhaft zu machen

Dieses Vorhaben reicht schon viele Jahrzehnte zurück, denn es beginnt mit der Absicht, die Autobahn A4 zwischen Olpe und dem Hattenbacher Dreieck mitten durch das Rothaargebirge zu führen. Gescheitert ist diese Absicht am enormen Protest der Bevölkerung. Doch davon haben sich die Befürworter kaum beeindruckt gezeigt, denn seither haben sie immer wieder Versuche gestartet, ihren Straßenbau(alb-)traum zu verwirklichen.

 

Viele Namen – ein Ziel

Nachdem die A4-Planungen also im Sande verlaufen waren, hat es sich eine Gruppe von Wirtschaftsvertretern und Politikern – allen voran der damalige Landrat des Kreises Siegen-Wittgenstein, Paul Breuer, – zum Ziel gemacht, die Straßenplaner mit immer neuen Planungsideen zu beschäftigen. „A4 light“, „Entwicklungsachse“, „FELS“ (als Abkürzung für Ferndorf-Eder-Lahn-Straße) und „Ortsumgehungskette“ sind nur einige Beispiele, mit welchen Namen die Bauplanung einer mehrspurigen Bundesfernstraße bislang vorangetrieben werden sollte.

 

Nun also „Route 57“

Die Ziffer 57 soll einen Hinweis auf die Postleitzahlen der Ortschaften geben, die in NRW vom Bau der Straßen betroffen wären. Sie schließt aber die gesamte hessische Seite aus, obwohl die B 62n dort eine wesentlich längere Strecke ergeben würde. Der Begriff Route soll wohl etwas verklärend an die US-amerikanische „Route 66“ erinnern und gewisse träumerische Assoziationen wecken. Wer seine Sinne aber beisammen hat weiß, dass die Route 66 ein Relikt vergangener Tage ist. Als erster Highway der USA verbindet sie seit 100 Jahren auf 4.000 km Länge die Städte Chicago und Los Angeles. Doch heute dient die Straße nur noch Nostalgikern, denn als pulsierende Verkehrsader wurde sie längst abgelöst. Auch die „Route 57“ hat sich längst selbst überholt, fußt sie doch ebenfalls auf jahrzehntealten Grundlagen und einem nicht mehr zeitgemäßen Verkehrskonzept!

 

(Alb-)Träume sind (hoffentlich nur) Schäume

Da die Befürworter der „Route 57“ immer wieder fälschlicherweise behaupten, Bürgerinitiativen und Naturschutzverbände hätten eine Verbesserung der Verkehrssituation in Siegen-Wittgenstein verhindert, möchten wir Folgendes klarstellen:

Würde die Betonfraktion aus lokalen Politik- und Wirtschaftsakteuren (z.B. IHK) nicht immer wieder mit Maximalforderungen das Machbare verhindern, hätten schon längst Verbesserungen im vorhandenen Straßen- und Schienenbestand vorgenommen werden können! Fast alle Parteien haben auf Bundesebene unter dem Motto „Erhalt vor Neubau“ bereits erkannt, dass es heute nicht mehr zu verantworten ist, flächenfressende, teure Neubauten vorzunehmen. Auf lokaler Ebene trauen sich viele Politiker nicht, diese Wahrheit auszusprechen, um das Wahlvolk nicht zu verprellen. Dabei wissen viele Wähler*innen längst, dass wir mit einem „Weiter so“ gegen die Wand fahren werden. Alles auf Kosten nachfolgender Generationen!

 

Gefährliches Spiel der Befürworter

Anstelle also gemeinsam mit den hiesigen Bürgerinitiativen und Fachleuten zukunftsfähige Mobilitätskonzepte voranzutreiben, beharren die Befürworter der „Route 57“ lieber auf ihrem alten Straßenbaukonzept. Kein Wort von ihnen zu Themen wie bezahlbarem, gut getaktetem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), zu gut ausgebauten, sichern Fahrrad- und Gehwegen oder zur Verlagerung von Lastverkehr auf die Schiene. Darüber hinaus treiben sie ein gefährliches Spiel: sie reden unsere Region schlecht, indem sie immer wieder behaupten, Siegen-Wittgenstein würde abgehängt. Schon vor Jahrzehnten wurde behauptet: „Wenn die A4 nicht gebaut wird, gehen in Wittgenstein die Lichter aus.“ Das ist nachweislich nie passiert – trotzdem wiederholt man dieses Horrorszenario immer wieder, um Ängste zu schüren. Wittgenstein trumpft aber alljährlich mit einer niedrigen Arbeitslosenquote auf, von der viele autobahnangebundene Städte nur träumen …

 

Siegen-Wittgenstein ist toll – vor allem ohne dieses Straßenneubauprojekt!

 

Bundesverkehrswegeplan 2030 – Projekt B62/B508-G30-NW (bvwp-projekte.de)

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